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Fachinformationen
der Radiologie in Gießen
Prof. Dr. med. Lorenz Jäger

Informationen und Indikationen für die Praxis

Zystische Tumore
des Pankreas

Tumore der Bauch­spe­ichel­drüse (Pankreas) gehen mit unspez­i­fis­chen klin­is­chen Symp­tomen (Ikterus, Fettstühlen, Ober­bauch­schmerzen, spon­tan auftre­ten­dem Dia­betes mel­li­tus) ein­her oder sind asymp­to­ma­tisch und wer­den als Zufalls­be­funde diag­nos­tiziert. Neben den soli­den Tumoren z. B. dem häu­figem duk­talem Ade­nokarzi­nom wer­den zys­tis­che Tumore des Pankreas unter­schieden.

Intraduktale papilläre muzinöse Neoplasie (IPMN)

Die IPMN ist eine prä­ma­ligne zys­tis­che Erkrankung der 6. – 7. Lebens­dekade, die Haupt- und Seit­engänge des Pankreas­gangsys­tems betr­e­f­fen kann 1). Der Haupt­gangstyp man­i­festiert sich bevorzugt im Caput wohinge­gen der Seit­e­nast­typ neben der Lokali­sa­tion im Proces­sus unci­na­tus in 30 % mul­ti­fokal auftritt. Daneben existiert auch ein gemis­chter Typ. Die MRCP kann eine typ­is­che Verbindung zum Gangsys­tem nach­weisen. Der Haupt­gangstyp zeigt ein höheres Entar­tungsrisiko. Als Malig­nität­skri­te­rien gel­ten murale Knoten, Verkalkun­gen, eine Zys­ten­größe > 3 cm und eine Ganger­weiterung > 10 mm, die in der MRCP / MRT quan­tifiziert wer­den kön­nen. Es soll­ten daher zur Risiko­quan­tifizierung ini­tial eng­maschige Kon­trollen zum Auss­chluss ein­er malig­nen Entar­tung erfol­gen (3 – 6 Monatsin­ter­vall) mit Aus­dehnung der Kon­trol­linter­valle im Ver­lauf. Aus IPMN-Ade­nomen kön­nen sich inva­sive Pankreaskarzi­nome entwick­eln 2).

Mucinöses Zystadenom (MZN)

Das mucinöse Zys­tade­nom (MZN) des Pankreas ist eine Erkrankung des mit­tleren Leben­salters (Alters­gipfel 47 Jahre), das nahezu auss­chließlich Frauen bet­rifft 3). Das MCN wird als prä­ma­ligne bis maligne Läsion eingestuft und geht gewöhn­lich mit ein­er unspez­i­fis­chen Tumor­mark­er­erhöhung von CEA und CA 19 – 9 ein­her (Ovar-ähn­lich­es Stro­ma). 80 % treten im Pankre­ass­chwanz / ‑cor­pus auf und 20 % im Bere­ich des Pankreaskopfes 4). Mor­phol­o­gisch imponiert das mucinöse Zys­tade­nom als rundlich-ovaler, makrozys­tis­ch­er oder unilob­ulär­er Tumor mit het­ero­gen­em Kon­trast­mit­te­len­hance­ment teils mit linearen/kurvenlinearen Bin­nensepten und möglichen Rand­verkalkun­gen (Radiopae­dia 2017). Das Bild entspricht ein­er «Orangen­schnit­tfläche» bzw. «Zys­ten in Zyste» mit glat­ter Außenkon­tur 1). Der Malig­nomver­dacht wird bei muralen Knoten in der Zys­ten­wand, ein­er Zys­ten­größe > 6 cm und periph­eren Eier­schalen­verkalkun­gen erhärtet.

Pancreaspseudozysten

Pankrea­s­pseudozys­ten gehören zu den häu­fig­sten zys­tis­chen Verän­derun­gen des Pankreas. Sie treten im Rah­men akuter oder chro­nis­ch­er Pankreati­den auf. Pseudozys­ten sind flüs­sige Kollek­tio­nen die im Rah­men ein­er schw­eren inflamm­torischen Reak­tion nach ca. 4 – 6 Wochen eine Kapsel bzw. fibro­tis­ches Gewebe aus­bilden kön­nen (Atlantak­las­si­fika­tion 2012, 5)). Patho­phys­i­ol­o­gisch entste­hen sie durch eine Leck­age von diges­tiv­en Pankreasen­zy­men aus dem Pankreas­gangsys­tem, wobei in ca. 50 % eine Kom­mu­nika­tion mit dem Pankres­gangsys­tem erhal­ten bleibt 6). Die Pseudozys­ten find­en sich häu­fig in der Pankreasloge – kön­nen aber auch vari­abel von der Leiste bis hin zum Medi­astinum auftreten 7). Als Kom­p­lika­tio­nen kön­nen sekundäre Infek­tio­nen und durch den raum­fordern­den Charak­ter eine biläre Obstruk­tion, Hydronephrose, Mage­naus­gang­sob­struk­tion etc. auftreten. In der MRT imponieren die typ­is­chen Pankrea­s­pseudozys­ten somit als rundlich-ovale flüs­sigkeit­sisoin­tense (T2-hyper­­in­tense / T1-hypointense) Läsio­nen mit ein­er kap­sulären Begren­zung, die ein mit­tleres früh­es Enhance­ment mit Progress über die Zeit aufzeigen 8) 5). Durch die MRT kann ins­beson­dere eine spez­i­fis­che Schicht­bil­dung bei «Zell­trüm­mern» inner­halb der Pankreaszys­ten in der T2-Wich­­tung nachgewiesen wer­den 9). Zys­ten mit ein­er Größe < 4 – 6 cm zeigen häu­fig eine Spon­tan­re­mis­sion. Bei stark raum­fordern­dem Charak­ter oder Sekundärin­fek­tion kann eine chirur­gis­che Sanierung notwendig wer­den.

Pankreaszysten

Ein­fache Pankreaszys­ten treten bei Syndromen/Erkrankungen wie z. B. Hip­pel-Lin­­dau-Syn­­drom, zys­tis­ch­er Fibrose oder auto­­so­­mal-dom­i­­nan­ter polyzys­tis­ch­er Nieren­erkrankung gehäuft auf.

Serös zystische Neoplasie (SZN)

Die serös zys­tisch Neo­plasie ist eine oligozys­tis­che oder polyzys­tis­che Erkrankung des Pankreas, die über­wiegend Frauen (F:M 4:1) mit ein­er Altersverteilung > 60 Jahren bet­rifft. Die oligozys­tis­che Form imponiert mit Makrozys­ten (Zys­ten > 2 cm) oder unilob­ulär bevorzugt im Pankreaskopf­bere­ich. Die mikrozys­tis­che Form zeigt mul­ti­ple (n > 6) „traube­nar­tig“ kon­fig­uri­erte Zys­tenkon­glom­er­ate (Zys­ten < 1 cm) mit möglich­er Lokali­sa­tion im gesamten Pankreas – teils mit charak­ter­isieren­der zen­traler verkalk­ender Narbe in 30 % 1). Die Zys­ten imponieren im MRT flüs­sigkeit­sisoin­tens (T2-hyper­­in­tens / T1–hypointens), wohinge­gen die Narbe T2-hypointens imponiert und auf­grund des fibrösen Charak­ters in der Spät­phase ein Kon­trast­mit­te­len­hance­ment aufzeigt. Es beste­ht keine Gan­gan­bindung an den Duc­tus pan­cre­ati­cus. Die Läsio­nen zeigen in weniger als 3 % eine maligne Entar­tung (97 % benigne) 2).

Abbildung MRT Zystische Tumore des Pankreas

Abbil­dung: IPMN des Pankreas vom Seit­e­nast­typ (Pfeil) / Pankre­ass­chwanzzyste (Dreieck) / Leberzyste (Stern) in der MRCP

Lit­er­atur / Quellen:
1: Buerke B et al. (2010). Dif­fer­en­tial diag­no­sis and radi­o­log­i­cal man­age­ment of cys­tic pan­cre­at­ic lesions. Rofo; 182: 852 – 860. | 2: Kalb B et al. (2009). MR imag­ing of cys­tic lesions of the pan­creas. Radi­ograph­ics; 29(6): 1749 – 1765. | 3: Lee WA (2005). Muci­nous cys­tade­no­ma of the pan­creas with pre­dom­i­nant stro­ma cre­at­ing a sol­id tumor. World J Surg Oncol.; 3: 59. | 4: Gore RM et al. (2012). The inci­den­tal cys­tic pan­creas mass: a prac­ti­cal approach. Can­cer Imag­ing. 2012; 12(2): 414 – 421. | 5: Thoeni RF (2012). The revised Atlanta clas­si­fi­ca­tion of acute pan­cre­ati­tis: its impor­tance for the radi­ol­o­gist and its effect on treat­ment. Radi­ol­o­gy.; 262(3): 751 – 764. | 6: Lucey BC & Kuligows­ka E (2006). Radi­o­log­ic man­age­ment of cysts in the abdomen and pelvis. AJR Am J Roentgenol.; 186(2): 562 – 573. | 7: Karan­tanas AH et al (2003). Exten­sion of pan­cre­at­ic pseudo­cysts into the neck: CT and MR imag­ing find­ings. AJR Am J Roentgenol.;180(3): 843 – 845. | 8: Semel­ka RC (2006). Abdom­i­­nal-pelvic MRI. Wiley. (2006) ISBN:0471692735. | 9: Macari M et. al. (2009). Dif­fer­en­ti­at­ing pan­cre­at­ic cys­tic neo­plasms from pan­cre­at­ic pseudo­cysts at MR imag­ing: val­ue of per­ceived inter­nal debris. Radi­ol­o­gy.; 251(1): 77 – 84. 

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